Sonderausgabe von Biol. Cybern. "Structural Aspects of Biological Cybernetics: Valentino Braitenberg, Neuroanatomy, and Brain Function"
Prof. Dr. Valentino Braitenberg
Prof. Dr. Valentino Braitenberg (1926, Bozen - 2011, Tübingen), ausgebildet als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, ist einer der Gründungsdirektoren des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik in Tübingen. Das Forschungsgebiet Braitenbergs war die Feinstruktur des Gehirns und dessen Funktionsprinzipien, wobei der Schwerpunkt seiner bahnbrechenden Arbeiten im Bereich der Groß- und Kleinhirnrinde lag. Die von ihm erfundenen „Vehikel“ - sich selbst steuernde Fahrzeuge, die aufgrund von verblüffend simplen Verschaltungen von Sensoren und Motoren sehr komplex wirkende Verhaltensweisen produzieren können - sind weltberühmt. Mit seinem neuartigen Forschungsansatz, der Anatomie, Physiologie und Theorie verband, war Valentino Braitenberg auch ein Wegbereiter der modernen Forschungsdisziplin der Computational Neuroscience und hat maßgeblich zur Entwicklung der biologischen Kybernetik beigetragen, die wiederum Robotik und Künstliche Intelligenz inspiriert hat1.
Das Sonderheft umfasst Reviews und Originalarbeiten, die an das facettenreiche Lebenswerk von Valentin Braitenberg anknüpfen. Themen sind die Hebb’sche Theorie aus moderner Sicht, die neuronalen Mechanismen von Sprache und anderen höheren kognitiven Leistungen, Orientierungsselektivität im visuellen Cortex, die Rolle der verschiedenen Leitungsgeschwindigkeiten in der weißen Substanz, Funktion des Kleinhirns, motorisches Lernen, Lernen bei ALS-Patienten, Mechanismen der Stimulus-spezifischen Adaptation, sowie eine neuartige Analyse magnet-enzephalographischer Daten zur Erkennung koordinierter Aktivität zwischen corticalen Arealen. Auch spiegelt sich in vielen Aufsätzen die Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaft wider, die auch Braitenbergs Lebenswerk charakterisiert, so zum Beispiel in den Aufsätzen über Roboterpsychologie, über Psychiatrie und über die Rolle der Mathematik in den Neurowissenschaften. Den Anfang macht ein sehr schönes Exposé über Braitenbergs speziellen Forschungsansatz. Teil der Sonderausgabe ist auch Valentino Braitenberg's zeitloses "Manifesto of Brain Science" sowie eine umfangreiche Publikations-Liste.
J. Leo van Hemmen, Almut Schüz, Ad Aertsen (Eds.):
Structural Aspects of Biological Cybernetics: Valentino Braitenberg, Neuroanatomy, and Brain Function. Biological Cybernetics (2014) 108(5):517-525. Dieses Vorwort enthält auch Braitenberg's fabelhaftes Manifesto of Brain Science. Das folgende Sonderheft (S. 527-712) besteht aus dreizehn Aufsätzen, welche die enorme Kreativität Braitenbergs unterstreichen.
Valentino Braitenberg Award for Computational Neuroscience
Zu Ehren von Valentino Braitenberg vergibt die Bernstein Association for Computational Neuroscience alle zwei Jahre den "Valentino Braitenberg Award for Computational Neuroscience“. Das Hauptkriterium für die Auswahl des Preisträgers ist die Bedeutung seiner Forschung für die Neurowissenschaften. Im Geiste der Forschung von Valentino Braitenberg liegt hierbei besonderes Augenmerk auf theoretischen Studien, welche die funktionelle Bedeutung von Hirnstrukturen und deren neuronale Netzwerkdynamik aufdecken. Der Preis wird von der Autonomen Provinz Bozen Südtirol finanziell unterstützt. Weitere Informationen zum Valentino Braitenberg Award for Computational Neuroscience und den Preisträgern finden Sie hier.
1 Braitenberg, V. On the use of theories, models and cybernetical toys in brain research. Brain Res (1967) 6(2):201-2016
Braitenberg, V. Thoughts on the cerebral cortex. J Theor Biol (1974) 46(2):421-447