Viele Forschergruppen arbeiten daran, schnelle und effiziente Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer zu konstruieren. Sie sollen beispielsweise Querschnittsgelähmten ermöglichen, Geräte oder Roboterarme per Gedanken zu steuern. Bisher benötigt dies ein aufwendiges Training sowie ins Hirn implantierte Elektroden.
Bei den bislang verfügbaren Hirn-Computer-Schnittstellen werden in einem ersten Schritt Hirnströme aufgezeichnet und analysiert. Dadurch werden klar erkennbare Signale identifiziert, die der Patient direkt beeinflussen kann. Welche Signale das sind, ist individuell unterschiedlich. Es kann sich etwa um das Hirnstrommuster bei der Vorstellung handeln, seine Beine nach vorne zu schwingen, oder auch um den Gedanken an etwas, das mit Bewegungen gar nichts zu tun hat. Ist ein solches Signal gefunden, trainiert der Patient im zweiten Schritt, das Signal bewusst hervorzurufen. Gleichzeitig wird ein Computerprogramm nach und nach an das Hirnstrommuster angepasst. Das Training dauert oft mehrere Monate.
Das Besondere an dem Freiburger System ist daher seine Schnelligkeit: Da das Signal praktisch gleichzeitig erkannt und übertragen wird, entfällt das Training.
Elektrodenmatte auf der Hirnoberfläche
Das System arbeite intuitiv und mache das aufwendige Training überflüssig, da eine Handbewegung nach rechts auch eine Cursor-Bewegung nach rechts hervorrufe, sagen die Forscher. Sie gehen davon aus, dass sich der gleiche Effekt auch erzielen lässt, wenn die Probanden lediglich intensiv an die Handbewegung denken - frühere Studien hätten gezeigt, dass die Hirnaktivität beim Gedanken an eine Bewegung die gleiche ist wie beim tatsächlichen Ausführen dieser Bewegung.
Für die Wissenschaftler überraschend war die geringe Größe des zuständigen Hirnareals: Lediglich zwei Quadratzentimeter reichten aus, um in durchschnittlich 75 Prozent der Versuche eine erfolgreiche Steuerung zu erzielen. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Erfolgsquote noch deutlich verbessern lässt. Denn im Test wurden relativ große, weit auseinander liegende Elektroden verwendet. Würde man stattdessen ein enges Netz kleiner Elektroden einsetzen, sollte die Steuerung sehr viel exakter und auch sehr viel flexibler werden, schreiben sie. Da die Elektroden zudem auf dem Gehirn aufliegen und nicht ins Hirngewebe eingepflanzt werden müssten, sei das Verletzungsrisiko geringer als bei anderen Ansätzen.
wbr/dapd
HilfeLassen Sie sich mit kostenlosen Diensten auf dem Laufenden halten:
alles aus der Rubrik Wissenschaft | Twitter | RSS |
alles aus der Rubrik Technik | RSS |
alles zum Thema Hirnforschung | RSS |
© SPIEGEL ONLINE 2012
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH