Neue Facetten der Elektroenzephalographie
Wissenschaftler erweitern die Grenzen der klassischen Methode der Gehirnforschung und medizinischen Diagnostik
Freiburg, 24.07.2008
Die Elektroenzephalographie, kurz EEG, ist eine weltweit
verbreitete Messmethode in der neurologischen Diagnostik und der
neurowissenschaftlichen Forschung am Menschen. Bisher wurde EEG nur genutzt, um
eine bestimmte Bandbreite neuronaler Signale aus dem Gehirn zu erfassen.
Wissenschaftler um Dr.Tonio Ball und
Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage vom
Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience und der Universität Freiburg
haben nun das Potenzial der EEG erweitert. "Mehr als 80 Jahre nach seiner
Entdeckung an der Universität Jena ist das EEG immer noch für Überraschungen
gut", kommentiert Ball.
Durch das EEG kann die summierte Aktivität von Nervenzellen des Gehirns durch
Elektroden, die vorübergehend an der Kopfoberfläche angebrachte werden,
nebenwirkungsfrei und kostengünstig aufgezeichnet werden. Nur wenn viele
Neurone ihre elektrischen Entladungen synchronisieren, addiert sich ihre
Aktivität und kann durch EEG-Aufzeichnungen wahrgenommen werden. Solche
"Netzwerk-Oszillationen" können in verschiedenen Frequenzbereichen
auftreten, die jeweils unterschiedliche Funktionen des Gehirns widerspiegeln.
Bisher haben sich Studien dabei auf Oszillationen in niedrigen
Frequenzbereichen konzentriert, da hohe Frequenzbereiche neuronaler Aktivität
durch die Schädeldecke stärker abgeschirmt werden und deshalb schlechter zu
messen sind.
Die Freiburger Wissenschaftler untersuchten, wie die Steuerung von Bewegungen
aus den EEG-Signalen rekonstruiert werden kann. Langfristiges Ziel dieser
Arbeiten ist die Entwicklung von Prothesen, die der Patient durch die Aktivität
des Gehirns bei der Vorstellung einer Bewegung steuern kann. Das Team um Ball
konnte nun nachweisen, dass mittels EEG-Aufzeichnungen bewegungsbezogene
Gehirnaktivität in einem viel breiteren Frequenzspektrum erfasst werden kann,
als bisher weithin angenommen wurde.
Hierzu wurden Probanden mit dem EEG untersucht, die zielgerichtete
Handbewegungen ausführen sollten. Mittels optimierter Verfahren konnte in den
so gewonnenen EEG Daten erstmalig eine sehr 'schnelle' bewegungsbezogene
Gehirnaktiviät gezeigt werden, die eine Veränderlichkeit im Bereich von wenigen
Millisekunden zeigte. Gerade dieser schnellen, hoch frequenten Gehirnaktivität
könnte eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Bewegungen zukommen. Die
Ergebnisse der Freiburger Forscher eröffnen eine neue Perspektive, diese Form
von Gehirnaktivität bei gesunden Probanden, aber auch bei Erkrankungen wie
Epilepsie oder Parkinson, günstig und nebenwirkungsfrei zu untersuchen.
Originalveröffentlichung:
Ball, T., Demandt, E., Mutschler, I., Neitzel, E., Mehring, C., Vogt, K.,
Aertsen, A., Schulze-Bonhage, A. Movement related activity in the high gamma
range of the human EEG. Neuroimage. 2008 Jun;41(2):302-310.
Kontakt:
Neurozentrum der Albert-Ludwigs-Universität
Neurochirurgische Universitätsklinik
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